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6) Holland

Der Kampf, der die Niederlande von der dominierenden Macht des Papsttums und vom grausamen Joch Spaniens befreit hatte, bedeutet ein weiteres glorreiches Kapitel des Calvinismus und der Menschlichkeit. Der Terror der Inquisition wütete hier wie kaum wo anders. Der Herzog von Alva brüstete sich damit, innerhalb von nur fünf Jahren 18.600 Häretiker an die päpstlichen Henker ausgeliefert zu haben. So schreibt Motley:

»Das Schafott bekam seine täglichen Opfer; dennoch sagte sich niemand von seinem Glauben los. … Viele Menschen haben gewagt und gelitten, was ein Mensch nur wagen und erleiden kann, alles für die ehrbarste Sache, von der die Menschlichkeit inspiriert sein kann.«

Motley illustrierte

»den Heroismus, der die Menschen Hand in Hand ins Feuer gehen ließ oder der die Frauen veranlasste, Triumphlieder zu singen, während der Totengräber sie bei lebendigem Leibe verscharrte.«

An einer anderen Stelle schreibt er:

»Die Zahl derer, die aufgrund des Erlasses Karls V. in den Niederlanden verbrannt, erhängt, geköpft und lebendig begraben worden waren, weil sie die Heilige Schrift gelesen hatten, die Götzenbilder verachteten oder die Realpräsenz von Leib und Blut Christi in der Hostie leugneten, erreicht nach verschiedenen Autoritäten bis zu 100.000. Sie wurde jedoch nie unter 50.000 angesetzt.«314314     John Lothrop Motley, Rise of the Dutch Republic, Bd. 1., S. 114. (Onlinetext unter ftp://sailor.gutenberg.org/pub/
   gutenberg/etext04/jm36v10.txt; A. d. Ü.)

In achtzig denkwürdigen Jahren hatten die Spanier mehr Protestanten (Christen) wegen ihres Glaubens ermordet als das römische Reich während der ersten drei Jahrhunderte! Die Geschichte Hollands krönt den Calvinismus damit als das Glaubensbekenntnis der Märtyrer, Heiligen und Helden.

Mehr als drei Generationen lang kämpfte Spanien, die stärkste Nation Europas dieser Zeit darum, den Protestantismus und die politische Unabhängigkeit in den calvinistischen Niederlanden auszurotten, doch es gelang ihm nicht. Die Protestanten folgten in ihrer Anbetung Gottes der Forderung ihres Gewissens, nicht der Fuchtel einer korrupten Priesterschaft, deshalb auch jene Invasion der Spanier, die sie den grausamsten Foltermethoden aussetzten, die die Spanier erfunden hatten. Wer hat sich um Lösung dieses Konfliktes bemüht? Der calvinistische Prinz von Oranien, den die Geschichte unter dem Namen Wilhelm den Schweiger315315     Wilhelm von Oranien (nl: Willem van Oranje) (* 24. April 1533 in Dillenburg; † 10. Juli 1584 in Delft), genannt Wilhelm der Schweiger (nl: Willem de Zwijger), war Führer im niederländischen Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien, (d. i. der Achzigjährige Krieg 1568-1648; A. d. Ü). kennt. Er teilte den gleichen Glauben. Dr. Abraham Kuyper schreibt:

»Wäre die Macht Satans damals nicht durch den Heroismus des calvinistischen Geistes gebrochen worden, dann wäre die Geschichte der Niederlande, Europas und der ganzen Welt so traurig und dunkel geworden, wie sie jetzt dank Calvinismus hell und inspirierend wirkt.«316316     Quelle nicht angegeben.

Wäre der Geist des Calvinismus der Reformation nicht auf dem Fuße gefolgt, dann hätte wohl ein Geist der Halbherzigkeit von England, Schottland und Holland Besitz genommen. Der Protestantismus hätte sich in diesen Ländern von selbst nicht halten können; der von Rom schon beeinflusste Protestantismus Deutschlands wäre aller Wahrscheinlichkeit nach wieder unter die Herrschaft der römisch-katholischen Kirche gekommen. Wäre der Protestantismus auch nur in einem dieser Länder gescheitert, dann wohl in allen, so sehr hing das Schicksal der Protestanten in diesen Ländern zusammen. Das zukünftige Schicksal der Nationen war in bezeichnender Weise abhängig vom Ausgang dieses achtzigjährigen Krieges in den Niederlanden. Hätte Spanien diesen Krieg gewonnen, dann wäre der Katholizismus derart erstarkt, dass er womöglich noch den Protestantismus Englands unterjocht hätte. Es sah eine Zeitlang auch so aus, als verfiele England wieder Rom. Das aber hätte bedeutet, dass die Entwicklung Amerikas verhindert worden wäre und ganz Amerika unter spanische Kontrolle gelangt wäre.

Man erinnere sich: Fast alle Märtyrer dieser Länder waren Calvinisten — die Lutheraner und Arminianer zählten im Vergleich dazu nur eine Handvoll. Professor Fruin317317     Robert Fruin (1823-1899), niederländischer Historiker (A. d. Ü.). sagt treffend:

»In der Schweiz, in Frankreich, in den Niederlanden, in Schottland und in England, überall, wo der Protestantismus sich als Schwertspitze etablieren musste, machte der Calvinismus das Rennen.«318318     Quelle nicht angegeben.

Wie auch immer man die Fakten erklären will — die Calvinisten waren die einzigen Protestanten, die für ihren Glauben auch kämpften.

Holland zeigt aber noch ein ganz anderes Verdienst, das wir nicht übersehen dürfen: Nachdem die Pilger wegen religiöser Verfolgung England verlassen mussten und noch bevor sie in Amerika ankamen, gingen sie zunächst nach Holland. Hier kamen sie mit einem religiösen Leben in Kontakt, was aus calvinistischer Sicht äußerst heilsam für sie war. Die wichtigsten Führer hießen Clyfton, Robinson und Brewster, drei Leute von der Universität Cambridge, die ein so nobles und heroisches Trio bildeten, wie es sonst wohl in keiner Nation gefunden werden konnte. Sie waren ergebene Calvinisten, die zu allen grundlegenden Sichten standen, die der Reformator aus Genf dargelegt hatte. Der amerikanische Historiker Bancroft hat recht, wenn er die Pilgerväter »Männer des gleichen Glaubens wie Calvin« nennt.

J. C. Monsma hat uns in seinem Buch „What Calvinism has done for America“ eine gute Zusammenfassung ihres Lebens in Holland hinterlassen:

»Als die Pilger von Amsterdam nach Leyden unterwegs waren, beschloss Rev. Clyfton, der oberste Führer, zu bleiben; Rev. John Robinson, Clyftens Hauptassistent, schloss sich ihm an.«

Er war der gewählte Führer oder Pastor der Leute. Robinson war überzeugter Calvinist und setzte sich den Lehren Arminius’ überall entgegen, wo er die Gelegenheit dazu fand.

»Wir haben das unwidersprochene Zeugnis Edward Winslows, dass Robinson von Polyander, Festus Homilus und anderen holländischen Theologen zur Zeit der Ausbreitung des Arminianismus darum gebeten wurde, am Streitgespräch mit dem neuen Führer der Arminianer, Episcopius, teilzunehmen. Dieser Disput fand täglich in der Akademie zu Leyden statt. Robinson entsprach ihrem Wunsch und wurde sehr bald schon als einer der größten Theologen angesehen. 1624 verfasste dieser Pastor der Pilger eine meisterhafte Abhandlung zur Verteidigung der Lehrsätze von Dordrecht.319319     A Defense of the Doctrine Propounded by the Synod of Dort. Die Synode von Dordrecht hat den internationalen Ruf einer gesamtcalvinistischen Ausrichtung — über die religiöse Ausrichtung Robinsons muss daher nichts weiter gesagt werden. Die Pilger stimmten mit der reformierten (calvinistischen) Kirche Hollands und anderer völlig überein. Robinsons Verteidigungsschrift erschien 1619. Das war ein Jahr, bevor die Pilger Holland verließen. Darin schrieb er in feierlichster Manier: ›Wir bezeugen vor Gott und Menschen, dass wir jedem einzelnen Artikel des Glaubens dieser Kirche übereinstimmen. Wir unterschreiben alle Glaubensartikel der Holländischen Reformierten Kirche und sehen sie in Harmonie mit dem Glaubensbekenntnis, das in ihrem Namen publiziert worden ist.‹« (S . 72f)


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