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DES HEILANDS THRÄNEN.

Als Er nahe dazu kam, sahe Er die Stadt an, und weinete über sie.

Johann Heermann. 1585-1647.

Du weinest für Jerusalem,

Herr Jesu, heisse Zähren;

Bezeugst, es sei dir angenehm,

Wenn Sünder sich bekehren:

Wenn ich vor dir mit Buss erschein

Und über meine Sünden wein;

So tilgest du aus lauter Gnad

Die Missethat,

So mich bisher gequälet hat.

Wenn deines Vaters Zorn entbrennt,

Von wegen meiner Sünde,

Zu deinen Thränen ich mich wend,

Da ich Erquickung finde:

Vor Gott sind sie so hoch geschätzt,

Wer damit seine Sünde netzt,

Den blickt Gott an mit Gütigkeit

Zu jeder Zeit,

Und sein betrübtes Herz erfreut.

Hier muss ich auch im Thränenhaus

Vor grosser Angst oft weinen,

Der Welt aushalten manchen Strauss,

Sie martert stets die Deinen;

Auf allen Seiten, wo sie kann,

Fängt sie mit mir zu hadern an:

Diess tröstet mich zu aller Frist,

Herr Jesu Christ,

In Noth du auch gewesen bist.

Du zählest alle Thränen mein,

Ich weiss, sie sind gezählet,

Und ob sie nicht zu zählen sein,

Dennoch ihr keine fehlet:

So oft vor dir sie regen sich,

So oft sie auch bewegen dich,

Dass du dich mein erbarmen musst,

Wie dir bewusst,

Denn du mir allzeit Hülfe thust.

Wer jetzund säet Thränen aus,

Hält in Geduld Gott stille,

Wird fröhlich sein in deinem Haus,

Da Freude ist die Fülle:

Ja, solche Freude, die kein Mann

Mit seiner Zung aussprechen kann,

Und die da bleibt in Ewigkeit:

Mein Kreuz und Leid

Wird werden dort zu lauter Freud.

Für diese Thränen dank ich dir,

Dass du die Freudenkrone,

Herr Christ, dadurch erworben mir,

Bei dir im Himmelsthrone:

Wenn du mich holen wirst hinauf

Zu deinem auserwählten Hauf,

Dann will ich recht lobsingen dir,

O höchste Zier,

Für deine Thränen für und für.

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