Contents

« Prev The First Helvetic or Second Basle Confession,… Next »
211

CONFESSIO HELVETICA PRIOR (sive BASILEENSIS POSTERIOR).

The First Helvetic Confession. A.D. 1536.

[This Confession was composed by a number of Swiss divines (Bullinger, Grynæus, Myconius, and others), delegated and assembled for the purpose, in the city of Basle, A.D. 1536. It is the first Confession which represented the faith of all the Reformed cantons of Switzerland; the preceding ones had merely a local authority. It is called the First Helvetic Confession to distinguish it from the Second Helvetic Confession (1566), which acquired still greater authority. It is also less aptly called the Second Confession of Basle (Conf. Basileensis Posterior), from the place of its composition and publication, in distinction from the First Confession of Basle, or of Mühlhausen (1534), which continued in force in these two cities. See the History, Vol. I. §§ 53 and 54. The Latin text was published first under the title: Ecclesiarum per Helvetiam Confessio Fidei summaria et generalis. It is reproduced in the Corpus et Syntagma, and in Niemeyer's Collectio (pp. 115–122). The German text in the Swiss dialect was prepared by Leo Judæ, and is of equal authority with the Latin, although it is a free and enlarged translation. I give it in High-German, which is more intelligible. It appeared with the following title and introductory note:

'Ein gemeine bekantnus des helgen waren und uralten Christlichen gloubens und unsern mittburgern und Christlichn gloubgnossen, etc. Zurich. Bern. Basell. Straßburg. Costenz. Santgalln. Schaffhusn. Millhusn. Biel. etc. zbasell uffgericht geordnet und gmacht uff wytern bscheid, etc. Im 1536. 1. 2. 3. et 4. Februariy.

'Ein kurtze und gemeine bekantnuß des gloubens der kelchen so in einer Eidtgnoschafft das Evangelium Christi angenomen habend, allen glöbigen und fromen zu erwegen, zu beschatzn und zu urteilen dargestelt. 1 Pet. iii.; 1 Joh. iv.']

I. Von der heiligen Schrift. I. De Scriptura Sacra.
Die heilige, göttliche, biblische Schrift, die da ist das Wort Gottes, von dem heiligen Geiste eingegeben, und durch die Propheten und Apostel der Welt vorgetragen, ist die allerälteste, vollkommenste und höchste Lehre, und begreift allein alles das, was zur wahren Erkenntniß, Liebe und Ehre Gottes, zu rechter, wahrer Frömmigkeit und Anrichtung eines frommen, ehrbaren und gottseligen Lebens dienet.1021022 Pet. i.; 2 Tim. iii. Scriptura canonica Verbum Dei, Spiritu Sancto tradita, et per prophetas apostolosque mundo proposita, omnium, perfectissima et antiquissima Philosophia, pietatem omnem, omnem vitæ rationem sola perfecte continet.1031032 Pet. i.; 2 Tim. iii.
II. Von Auslegung der Schrift. II. De Interpretatione Scripturæ.
Diese heilige, göttliche Schrift soll nicht anders, als aus ihr selbst ausgelegt Hujus interpretatio ex ipsa sola petenda est, ut ipsa interpres
212
und erklärt werden durch die Richtschnur des Glaubens und der Liebe.104104Joh. v.; Rom. xii.; 1 Cor. xiii. Sic Christus facit Matt. iv. sit sui, caritatis fideique regula moderante.105105Joh. v.; Rom. xii.; 1 Cor. xiii. Sic Christus facit Matt. iv.
III. Von den alten Lehrern. III. De Antiquis Patribus.
Wo nun die heiligen Väter und alten Lehrer, welche die Schrift erklärt und ausgelegt haben, von dieser Richtschnur nicht abgewichen sind,106106über dise richtschur nit gehowen habend. wollen wir sie nicht allein für Ausleger der Schrift, sondern für auserwählte Werkzeuge, durch die Gott geredet und gewirkt hat, erkennen und halten. A quo interpretationis genere, quatenus sancti patres non discessere, eos non solum ut interpretes Scripturæ recipimus, sed ut organa Dei electa veneramur.
IV. Von Menschenlehren. IV. De Traditionibus Hominum.
Was sonst menschliche Lehren und Satzungen sind, sie seien so schön, hübsch, angesehen und lange gebraucht, als sie nur wollen, die uns von Gott und dem wahren Glauben abführen, halten wir für eitel und kraftlos, wie es der heilige Matth. 15 selbst bezeugt, da er spricht: Sie ehren mich vergebens, wenn sie lehren die Lehren der Menschen.107107Esa. xxix.; Matt. xv.; Marc vii.; 1 Tim. xv.; Tit. i. Per cætera de traditionibus hominum quantumvis speciosis et receptis, quæcumque nos abducunt, sic illud Domini respondemus, Frustra me colunt docentes doctrinas hominum.108108Esa. xxix.; Matt. xv.; Marc vii.; 1 Tim. xv.; Tit. i.
V. Was der Zweck der heiligen Schrift sei, und worauf sie zuletzt hinweise. V. Scopus Scripturæ.
Die ganze biblische Schrift sieht allein darauf, daß der Mensch verstehe, daß ihm Gott günstig sei und wohlwolle, und daß er diese seine Gutwilligkeit durch Christum, seinen Sohn, dem Status hujus Scripturæ canonicæ totius is est, bene Deum hominum generi velle, et eam benevolentiam per Christum Filium suum declarasse. Quæ fide
213
ganzen menschlichen Geschlecht öffentlich dargestellt und bewiesen habe, die aber allein durch den Glauben zu uns komme, allein durch den Glauben empfangen, und durch die Liebe gegen den Nächsten gezeigt und bewiesen werde.109109Gen. iii.; Joh. iii.; Rom. viii.; Eph. ii.; 1 Joh. iv. sola ad nos perveniat recipiaturque, caritate vero erga proximos exprimatur.110110Gen. iii.; Joh. iii.; Rom. viii.; Eph. ii.; 1 Joh. iv.
VI. Von Gott. VI. Deus.
Von Gott halten wir also, daß ein einiger, wahrer, lebendiger und allmächtiger Gott sei, einig im Wesen, dreifaltig in der Person, der alle Dinge durch sein Wort, das ist, durch seinen Sohn, aus nichts geschaffen habe, und alle Dinge durch seine Vorsehung recht, wahrhaft und weise regiere, verwalte und erhalte.111111Deut. vi.; Matt. xxviii.; Gen. i.; Act. xvii. De Deo sic sentimus, unum substantia: trinum personis, omnipotentem esse. Qui ut condiderit per verbum, id est, Filium suum, omnia ex nihilo, sic providentia sua juste vereque et sapientissime gubernet: servet: foveat omnia.
VII. Von dem Menschen. VII. Homo et Vires ejus.
Der Mensch, das vollkommenste Bild Gottes auf Erden, unter allen sichtbaren Geschöpfen das edelste und vornehmste, ist aus Leib und Seele zusammengesetzt; der Leib ist sterblich, die Seele unsterblich. Dieser Mensch, der von Gott recht und wohl geschaffen war, ist durch seine eigne Schuld in die Sünde gefallen, und hat das ganze menschliche Geschlecht mit sich in diesen Fall gezogen, und solchem Elend unterwürfig gemacht.112112Gen. i–iii.; Rom. v. Homo perfectissima Dei in terris imago, primasque creaturarum visibilium habens, ex anima et corpore constans, quorum hoc mortale, illud immortale est, quum esset sancte a Deo conditus, sua culpa in vitium prolapsus, in eandem secum ruinam genus humanum totum traxit, ac eidem calamitati obnoxium reddidit.113113Gen. i–iii.; Rom. v.
VIII. Von der Erbsünde. VIII. Originale Peccatum.
Diese Erbsünde114114eerbsucht (Erbseuche). und ursprüngliche Atque hæc lues, quam originalem
214
Sünde hat das ganze menschliche Geschlecht so durchdrungen, und hat es so verwüstet und vergiftet, daß dem Menschen, der ein Kind des Zornes und ein Feind Gottes geworden war, Niemand als Gott durch Christum helfen oder ihn wiederherstellen konnte, und was in ihm Gutes übrig geblieben ist, das wird durch tägliche Mängel und Gebrechen [prästen] für und für geschwächt; so daß es noch ärger wird; denn die Kraft der Sünde un des Gebrechens [prästen] in uns ist so mächtig, daß weder die Vernunft dem, was sie erkannt, nachkommen, noch der Verstand das göttliche Fünklein pflanzen und weiterbringen kann.115115Eph. ii.; Psa. l.; Rom. viii. vocant, genus totum humanum sic pervasit, ut nulla ope iræ filius, inimicusque Dei nisi divina per Christum curari potuerit. Nam si quid frugis hic bonæ superstes est, vitiis nostris assidue debilitatum, in pejus vergit. Superat enim mali vis, et nec rationem persequi, nec mentis divinitatem excolere sinit.116116Eph. ii.; Psa. l.; Rom. viii.
IX. Von der freien Willkür, die man den freien Willen nennt. IX. Liberum Arbitrium.
Deßhalb schreiben wir dem Menschen eine freie Willkür also zu, weil wir an uns selbst befinden, daß wir mit Wissen und Willen Gutes und Böses thun. Das Böse können wir von uns selbst thun, das Gute aber können wir weder annehmen, noch vollbringen, wir seien denn durch die Gnade Christi erleuchtet, erwecket und getrieben; denn Gott ist der, der in uns das Wollen und Vollbringen wirkt, nach seinem guten Willen; aus Gott ist unser Heil, aus uns aber ist nichts, als Sünde und Verdammniß.117117Phil. ii.; Hos. xiii. Unde sic homini liberum arbitrium tribuimus, ut qui scientes et volentes agere nos bona et mala experimur, mala quidem agere sponte nostra queamus, bona vero amplecti et persequi, nisi gratia Christi illustrati, Spiritu ejus impulsi, non queamus. Deus enim is est, qui operatur in nobis et velle et perficere pro bona sua voluntate. Et ex Deo salus, e nobis perditio est.118118Phil. ii.; Hos. xiii.
215
X. Wie Gott den Menschen durch seinen ewigen Rathschluß wiedergebracht habe. X. Consilium Dei Æternum de Reparatione Hominis.
Wiewohl nun der Mensch durch diese seine Schuld und Uebertretung zur ewigen Verdammniß verurtheilt und in den gerechten Zorn Gottes gefallen ist, so hat doch Gott, der gnädige Vater, nie aufgehört, Sorge für ihn zu tragen, welches wir aus der ersten Verheißung und aus dem ganzen Gesetz (durch welches die Sünde erweckt, nicht erlöscht wird), und aus dem Herrn Christo, der dazu verordnet und gegeben ist, klar und offenbar genug merken und verstehen können.119119Eph. i.; Gen. iii.; Rom. vii. Hujus igitur hominis hac culpa damnationi addicti, et in indignationem justam incurrentis, nunquam tamen curam gerere Deus Pater desiit. Id quod ex primis promissionibus, legeque tota (quæ peccatum excitat, non extinguit) et a Christo in hoc destinato præstitoque perspicuum est.120120Eph. i.; Gen. iii.; Rom. vii.
XI. Von dem Herrn Christo, und was wir durch ihn haben. XI. Jesus Christus et quæ per Christum.
Dieser Herr Christus, ein wahrer Sohn Gottes, wahrer Gott und Mensch, hat in der Zeit, die Gott von Ewigkeit dazu bestimmt hat, die wahre menschliche Natur, mit Leib und Seele angenommen, hat zwei unterschiedene, unvermischte Naturen in einer eingen unzertrennlichen Person, welche Annehmung menschlicher Natur darum geschehen ist, daß er uns, die todt waren, wieder lebendig und zu Miterben Gottes machte, weßhalb er auch unser Bruder geworden ist.121121Joh. i.; Gal. iv.; Joh. xvi.; Heb. ii. Hic Christus verus Dei Filius, verusque Deus, et homo verus, quum juxta præfinitum tempus hominem totum, id est, anima et corpore constantem assumpsisset, in una individuaque persona duas, sed impermixtas naturas obtinens, ut vitæ mortuos nos restitueret, et Dei cohæredes faceret, frater noster factus est.122122Joh. i.; Gal. iv.; Joh. xvi.; Heb. ii.
Dieser Herr Christus, der Sohn des wahren, lebendigen Gottes, hat Is sacrosanctam divinitatis unione carnem, nostræ (peccato
216
das Fleisch, das durch die Vereinbarung mit der Gottheit heilig ist, unserm Fleisch in allen Dingen gleich, ausgenommen die Sünde, weil es ein reines, unbeflecktes Opfer sein sollte, aus der unbefleckten Jungfrau Maria durch Mitwirkung Gottes des heisigen Geistes angenommen, für uns in den Tod gegeben, zu einer Bezahlung, Begnadigung und Abwaschung aller Sünden.123123Heb. v.; Luc. ii.; 1 Joh. ii. solum excepto, quoniam illibatam esse hostiam oportebat) per omnia similem, ex intacta Virgine Maria, Spiritu Sancto cooperante, sumens, in mortem ad universi peccati expiationem tradidit.124124Heb. v.; Luc. ii.; 1 Joh. ii.
Und damit wir eine vollkommne Hoffnung und Vertrauen unsers unsterblichen Lebens haben möchten, hat er sein Fleisch, das vom Tode zum Leben wieder auferweckt, zur Rechten seines allmächtigen Vaters gesetzt.1251251 Cor. xv.; Act. i. Idem ut esset plena nobis perfectaque immortalitatis nostræ spes et fiducia, suam ipse carnem, de morte suscitatam, in cœlum ad omnipotentis Patris dexteram collocavit.1261261 Cor. xv.; Act. i.
Dieser Herr Christus, der den Tod, die Sünde und alle höllische Gewalt übenwonden und besiegt hat, ist unser Vorgänger, unser Führer und unser Haupt; er ist der rechte Hohepriester, der da sitzt zur Rechten Gottes, und unsre Sache überall beschirmt und führt, bis er uns zu dem Bilde, zu dem wir geschaffet sind, reformire und zurückbringe, und in die Gemeinschaft seines göttlichen Wesens einführe.127127Eph. i.; Rom. viii.; Eph. iv. Hic morte, peccato, inferisque omnibus triumphatis, victor duxque, et caput nostrum, ac pontifex vere summus [ad dexteram Patris], sedens, causam nostram perpetuo tuetur agitque, dum ad imaginem ad quam conditi eramus, reformet.128128Eph. i.; Rom. viii.; Eph. iv.
Aus diesen Herrn Jesum Christum warter wir, daß er kommen werde am Ende der Welt, als ein wahrer, gerechter Richter, der das wahre Urtheil über alles Fleisch, von ihm zum Urtheil auferweckt, fällen wird; die Frommen und Gläubigen wird er in den Himmel Hunc venturum ad sæculorum omnium finem, verum rectumque judicem, ac sententiam in omnem carnem, ad id judicium, prius suscitatam, laturum, ac pios supra ethera evecturum, impios corpore et anima ad æternum
217
führen, und die Ungläubigen wird er mit Leib und Seele in die ewige Verdammniß stoßen und verdammen.129129Dan. vii.; Joh. v. exitium damnaturum, expectamus.130130Dan. vii.; Joh. v.
Dieser Herr Jesus, wie er allein unser Mittler, Fürsprecher, Opfer, Hoher Priester, Herr und König ist, also erkennen wir ihn allein, und glauben von ganzem Herzen, daß er allein unsre Versöhnung, unsre Erlösung, Heiligung, Bezahlung, Weisheit, Schirm und Rettung sei. Hier verwerfen wir alles das, was sich als Mittel, Opfer und Versöhnung unsers Lebens und Heils darstellt, und erkennen keines, als allein den Herrn Christum.1311311 Tim. ii.; Heb. vii.; Rom. 3; 1 Cor. i. Qui ut solus est mediator, intercessor, hostia, idemque et pontifex, dominusque, et rex noster, ita hunc solum agnoscimus ac toto corde credimus conciliationem, redemptionem, sanctificationem, expiationem, sapientiam, protectionem, assertionem nostram solum: omne hîc simpliciter vitæ salutisque nostræ medium, præter hunc solum Christum, rejicientes.1321321 Tim. ii.; Heb. vii.; Rom. 3; 1 Cor. i.
XII. Was der Zweck der evangelischen Lehre sei. XII. Scopus Evangelicæ Doctrinæ.
Deßhalb soll in aller evangelischen Lehre das das höchste und vornehmste Hauptstück sein, das in allen Predigten nachdrücklich getrieben und in die Herzen der Menschen eingedrückt werden soll, nämlich, daß wir allein durch die einige Barmherzigkeit Gottes und durch das Verdienst Christi erhalten und selig werden. Damit aber die Menschen verstehen, wie nothwendig ihnen Christus zum Heil und zur Seligkeit sei, soll man ihnen die Größe und Schwere der Sünde durch das Gesetz und den Tod Chrsti auf’s Hellste und Klarste anzeigen, vorbilden und vor Augen stellen.1331331 Tim. i.; Rom. v. Itaque in omni doctrina evangelica primum ac præcipuum hoc ingeri debet, sola nos Dei misericordia et Christi merito servari. Quo ut intelligant homines quam opus habeant, peccata eis per legem et mortem Christi luculentissime semper sunt indicanda.1341341 Tim. i.; Rom. v.
218
XIII. Wie uns die Gnade Christi und sein Verdienst mitgetheilt werden, und welche Frucht daraus folge. XIII. Christianus et Officia ejus.
Solche hohe und große Wohlthaten göttlicher Gnade und die wahre Heiligung des Geistes Gottes erlangen wir nicht durch unsre Verdienste oder Kräfte, sondern durch den Glauben, der eine lautere Gabe und Geschenk Gottes ist.135135Rom. iii.; Gal. ii.; Eph. ii. Ista vero tam divina beneficia, ac veram Spiritus Dei sanctificationem, fide mero Dei donc, haud ullis aut viribus aut meritis nostris consequimur.136136Rom. iii.; Gal. ii.; Eph. ii.
[XIV.] Was der Glaube sei.137137From this Article the numbering differs; the German has twenty-seven, the Latin twenty-eight Articles. See Niemeyer, p. 109. But in the Corpus et Syntagma Conf. the Latin has likewise only twenty-seven Articles. XIV. De Fide.138138From this Article the numbering differs; the German has twenty-seven, the Latin twenty-eight Articles. See Niemeyer, p. 109. But in the Corpus et Syntagma Conf. the Latin has likewise only twenty-seven Articles.
Derselbe Glaube ist ein gewisser, fester, ja unbezweifelter Grund und eine Ergreifung aller der Dinge, die man von Gott hofft, welcher daraus die Liebe und demnach allerlei Tugenden und guter Werke Frucht wachsen macht. Und wiewohl die Frommen und Gläubigen sich in solchen Früchten des Glaubens ohne Unterlaß üben, so schreiben wir doch die Frommmachung und das erlangte Heil nicht solchen Werken, sondern nur der Gnade Gottes zu. Quæ fides certa et indubita omnium sperandarum de Dei benevolentia rerum substantia est et apprehensio. Ex sese caritatem ac mox præclaros virtutum omnium fructus pullulat. Non quidquam tamen his officiis, licet piorum, sed ipsi simpliciter justificationem et partam salutem gratiæ Dei tribuimus.
Dieser Glaube, der sich nicht seiner Werke, wiewohl er unzählbare gute Werke wirft, sondern der Barmherzigkeit Gottes tröstet, ist der rechte, wahre Dienst, mit dem man Gott gefällt.139139Heb. xi.; Gal. v. Atque sic quidem solus verus Dei cultus est, fides inquam nulla operum fiducia, operum fæcundissima.140140Heb. xi.; Gal. v.
XIV. [XV.] Von der Kirche. XV. Ecclesia.
Wir halten dafür, daß aus den lebendigen Et ex talibus lapidibus super
219
Steinen, die auf diesen lebendigen Felsen gebauet sind, eine heilige, allgemeine Kirche, die Gemeinschaft und Versammlung aller Heiligen, die Christi Braut und Gemahl ist, welche er durch sein Blut reinige, und endlich dem Vater ohne Tadel ganz unbefleckt darstelle, gebaut und versammelt werde. vivam hanc petram, hoc pacto inedificatis, ecclesiam construi, sanctamque sanctorum omnium collectionem et immaculatam Christi sponsam esse tenemus, quam Christus sanguine suo lavet et purificet, et tandem Patri suo eam sine macula et ruga statuat et tradat.
Und wiewohl diese Kirche und Versammlung Christi allein den Augen Gottes offen und bekannt ist, so wird sie doch durch äußere Zeichen, Gebräuche und Ordnungen, die von Christo selbst eingesetzt und geordnet sind, und durch das Wort Gottes, als durch eine allgemeine, öffentliche und ordentliche Zucht, nicht allein gesehen und erkannt, sondern auch also gesammelt und gebaut, daß zu dieser Kirche Neimand (ordentlich zu reden und ohne besondre von Gott geoffenbarte Freiheit) ohne diese Dinge gezählt wird.1411411 Pet. ii.; Matt. xvi.; Eph. v.; Marc. xvi.; Matt. xxviii.; Act. x. Qua quidem quum solius sit Dei oculis nota, externis tamen quibusdam ritibus, ab ipso Christo institutis, et Verbi Dei velut publica legittimaque disciplina, non solum cernitur cognosciturque, sed ita constituitur, ut in hanc sine his nemo {nisi singulari Dei privilegio) censeatur.1421421 Pet. ii.; Matt. xvi.; Eph. v.; Marc. xvi.; Matt. xxviii.; Act. x.
XV. [XVI.] Von den Dienern des Wortes Gottes und dem Dienste der Kirche. XVI. De Ministerio Verbi.
Deßhalb bekennen wir auch, daß die Diener der Kirche Mitarbeiter Gottes sind, wie sie der heilige Paulus nennt, durch die er seinen Gläubigen Erkenntniß seiner selbst und Vergebung der Sünden zutheilt und darbietet, die Menschen zu sich bekehrt, aufrichtet, Atque hanc ob causam ministros ecclesiæ cooperarios esse Dei (quod et Paulus agnoscit) fatemur, per quos ille et cognitionem sui, et peccatorum remissionem administret, homines ad se convertat, erigat, consoletur,
220
tröstet, ja, auch schreckt und richtet, doch in dem Verstande, daß wir in dem Allen alle Wirkung und Kraft dem Herrn Gott allein, dem Diener aber das Zudienen zuschreiben; denn gewiß ist es, daß diese Kraft und Wirkung seinem Geschöpfe jemals beigelegt werden soll, noch kann, sondern Gott theilt sie aus nach seinem freien Willen, denen er will.1431431 Cor. iii.; 2 Cor. vi.; Joh. xx.; Luc. i.; 1 Cor. xiv. terreat etiam et judicet. Ita tamen, ut virtutem et efficaciam in his omnem Domino, ministerium ministris tamen adscribamus. Nam hanc virtutem efficaciamque nulli omnino creatures alligari, sed libera Dei dignatione dispensari [quomodo et] quibus ipse velit, certum est.1441441 Cor. iii.; 2 Cor. vi.; Joh. xx.; Luc. i.; 1 Cor. xiv. [Nihil enim est, qui rigat, neque qui plantat, sed qui dat incrementum Deus.]145145[The bracketed sentence in the Latin text is not found in Niemeyer, and has been inserted from the Corpus et Syntagma Conf. (1654). p. 69. So also quomodo et, for which Niemeyer reads iis.
XVI. [XVII.] Von der Macht der Kirche. XVII. Potestas Ecclesiastica.
Die Macht, das Wort Gottes zu predigen und die Schäflein des Herrn zu weiden, welches eigentlich zu reden das Amt der Schlüssel ist, schreibt allen Menschen vor Eine Form zu leben, sie seien hoch oder niedern Standes. Dieß Ansehn soll, als ein Befehl Gottes, hoch, theuer und unverletzt sein; es soll auch Niemand diese Macht zur Verwaltung übertragen werden, er sei denn zuvor durch die göttliche Stimme und Wahl, durch diejenigen, die von der Kirche durch wohlerwogene Rathschläge als Ausschuß dazu bestimmt und erwählt sind, tauglich und geschickt dazu erfunden und erkannt.146146Matt. xvi.; Joh. xx.; Hierem. i.; 1 Thess. iv.; Act. xiii. Ipsa autem verbi, et pascendi gregis Dominici auctoritas, quæ proprie clavium potestas est, cunctis, summis æque et imis præscribens, sacrosancta inviolabilisque esse, et vel divino Dei, vel certo et consulto ecclesiæ suffragio, electis tantum ad ministrandum committi debet.147147Matt. xvi.; Joh. xx.; Hierem. i.; 1 Thess. iv.; Act. xiii.
221
XVII. [XVIII.] Von der Erwählung der Diener der Kirche. XVIII. Electio Ministrorum.
Dieß Amt und dieser Dienst soll Niemand befohlen oder vertraut werden, er sei denn zuvor in der Heiligen Schrift und der Erkenntniß des Willens Gottes wohlberichtet, in Frömmigkeit und Unschuld des Lebens unsträflich, und im Fleiß und Ernst, die Ehre und den Namen Christi zu fördern, eifrig und inbrünstig erfunden und erkannt worden, nämlich durch die Diener und Vorsteher der Kirche; auch die, welche aus der christlichen Obrigkeit, als von der Kirche wegen, zu solchem Amt erwählt sind. Und weil dasselbe eine rechte, wahre Wahl Gottes ist, sollen sie durch das Urtheil der Kirche und Auflegung der Hände der Aelteren als billig und recht erkannt und angenommen werden.1481481 Tim. iii.; Luc. xii.; Act. i.; Tit. i.; Acts. vi.; Heb. vi. Est enim functio hæc nulli, quem non et legis divinæ peritia, et vitæ innocentia, et Christi nominis studio singulari esse compererint et judicarint ministri ecclesiæ, et iis, quibus id negotii per Christianum magistratum ecclesiæ nomine commissum est, concedenda. Quæ quum vera Dei electio sit, ecclesiæ tamen suffragio et manuum presbyterorum [sacerdotis] impositione recte comprobatur.1491491 Tim. iii.; Luc. xii.; Act. i.; Tit. i.; Acts. vi.; Heb. vi.
XVIII. [XIX.] Wer der Hirt und das Haupt der Kirche sei. XIX. Pastor Quis.
Christus selbst ist allein das wahre und rechte Haupt und der Hirt seiner Kirche; derselbe giebt seiner Kirche Hirten und Lehrer, die aus seinem Befehl das Wort und das Amt der Schlüssel ordentlich und rechtmäßig, wie oben gemeldet, führen. Deßhalb wir diejenigen, die allein mit dem Namen Bischöfe sind, und das Haupt zu Rom weder bekennen, noch annehmen.150150Joh. x.; Eph. i. 5, 4; Joh. xxi. Christus ipse verum suæ ecclesiæ caput ac pastor solus est is ecclesiæ suæ pastores dat et doctores, qui in ecclesia externa hac clavium potestate legitime sic concredita recte et legitime utantur. Unde illos titulotenus tantum pastores, caputque romanum minime agnoscimus.151151Joh. x.; Eph. i. 5, 4; Joh. xxi.
222
XIX. [XX.] Was das Amt sei der Diener und der Kirche. XX. Ministrorum Officia.
Das Allerhöchste und Vornehmste in diesem Amte ist, daß die Diener der Kirche Reue und Leid über die Sünde, Aenderung des Lebens und Verzeihung der Sünde predigen, und das Alles durch Christum; ferner, daß sie unaufhörlich für das Volk bitten, der Heiligen Schrift und dem Worte Gottes in Lesen und heiliger Betrachtung ernstlich und fleißig obliegen, mit dem Worte Gottes, als mit dem Schwerte des Geistes, in alle Wege den Teufel mit tödtlichem Hasse verfolgen und seine Kraft unterdrücken und schwächen, daß sie die gesunden Bürger Christi beschirmen, die bösen aber warnen, zurückdrängen und entfernen, und wenn sie in ihrem Frevel und ihren unverschämten Lastern die Kirche Christi wollten für und für ärgern und verwüsten, sollen sie durch diejenigen, die von den Dienern des Wortes und christlicher Obrigkeit dazu verordnet sind, ausgestoßen, oder auf andere fügliche und schickliche Weise gestraft und gebessert werden, bis sie ihren Irrthum bekennen, sich ändern und gesund werden; dann aber soll der Bürger Christi, der also ungesund und krank gewesen und ausgeschlossen ist, wieder in die Kirche aufgenommen Summum functionis hujus munus est, pœnitentiam et peccatorum per Christum, remissionem prædicare: pro populo incessanter orare, sanctis studiis verboque Dei indefesse invigilare, atque Verbo Dei velut gladio Spiritus, et arte omnigena Satanam internecino semper odio persequi ac debilitare, Christi cives sanos quidem tueri, vitiosos autem monere, reprehendere, coërcere, et grassantes longius, ecclesiæ, id est, Christi confœderatorum conspiratione consensuque pio, tota ditione aut ejicere ac proscribere, aut alia ratione commoda emendare tantisper,152152Corp. et Synt. reads after longius: 'Conspiratione pia eorum, qui ex ministris magistratuque delecti sunt, disciplina excludere, vel alia ratione commoda multare tantisper.' etc. dum resipiscant et salvi fiant. Is enim ad ecclesiam civi Christi morbido regressus est, si conversis animis studiisque {quo omnis hæc disciplina spectat) errorem agnoscens confiteatur suum, et disciplinam sanam ultro jam requirat, ac
223
werden, wenn er sich bekehrt und mit großem Ernst seine Sünde und seinen Irrthum bekennt und gesteht (denn dazu soll diese Strafe dienen) und Arzenei für seine Krankheit willig sucht, sich in geistliche Zucht begiebt, und mit neuem Fleiß und Erst in der Frömmigkeit alle Frommen erfreut.153153Luc. xxiv.; Hierem. xi.; Act. vi.; 1 Tim. iv.; Eph. vi.; 2 Tim. iv.; Ezech. xxxiv.; 1 Cor. v.; 2 Thess. iii. studio pietatis novo pios omnes exhilaret.154154Luc. xxiv.; Hierem. xi.; Act. vi.; 1 Tim. iv.; Eph. vi.; 2 Tim. iv.; Ezech. xxxiv.; 1 Cor. v.; 2 Thess. iii.
XX. [XXI.] Von der Kraft und Wirkung der Sacramente. XXI. De Vi et Efficacia Sacramentorum.
Der Zeichen, die man Sacramente nennt, sind zwei, nämlich die Taufe und das Nachtmahl des Herrn. Diese Sacramente sind bedeutsame, heilige Zeichen hoher, heimlicher Dinge; sie sind aber nicht bloße und leere Zeichen, sondern bestehen in Zeichen und wesentlichen Dingen. Denn in der Taufe ist das Wasser das Zeichen; das Wesentliche aber und Geistliche ist die Wiedergeburt und die Aufnahme in das Volk Gottes. Im Nachtmahl oder Danksagung sind Brot und Wein Zeichen; das Wesentliche aber und Geistliche ist die Gemeinschaft des Leibes und Blutes Christi, das Heil, das am Kreuz erobert ist, und Vergebung der Sünden, welche wesentliche, unsichtbare und geistliche Dinge im Glauben empfangen werden, so wie die Zeichen leiblich, und in diesen geistlichen, wesentlichen Dingen besteht die ganze Kraft, Wirkung und Frucht der Sacramente. Signa, quæ, [in ecclesia Christi] et sacramenta vocantur, duo sunt, baptismus, et eucharistia. Hæc rerum arcanarum symbola non nudis signis, sed signis simul et rebus constant. In baptismo enim aqua signum est, at res ipsa regeneratio adoptioque in populum Dei. In eucharistia panis et vinum signa sunt, res autem communicatio corporis Domini, parta salus, et peccatorum remissio. Quæ quidem, ut ore corporis signa, sic fide spiritus percipiuntur. Nam in rebus ipsis totus fructus sacramentorum est.
224
Deßhalb bekennen wir, daß die Sacramente nicht allein äußere Zeichen sind christlicher Gesellschaft, sondern wir bekennen sie für Zeichen göttlicher Gnade, durch welche die Diener der Kirche mit dem Herrn in der Absicht und zu dem Ende, wie er es uns selbst verheißt, anbietet und kräftiglich verschafft, wirken, jedoch, wie oben von den Dienern des Wortes gesagt ist, nämlich, daß alle heiligende und seligmachende Kraft Gott, dem Herrn, allein zugeschrieben wird. Unde asserimus sacramenta non solum tesseras quasdam societatis Christiana, sed et gratiæ divinæ symbola esse, quibus ministri, Domino, ad eum finem quem ipse promittit offert et efficit, cooperentur, sic tamen, qualiter de verbi ministerio dictum est, ut omnis virtus salvifica uni Domino transscribatur.
XXI. [XXII.] Von der Taufe. XXII. Baptisma.
Die Taufe ist nach der Einsetzung des Herrn ein Bad der Wiedergeburt,155155widergeberliche abweschung. welches der Herr seinen Auserwählten mit einem sichtbaren Zeichen durch den Dienst der Kirche, wie oben gesagt und erläutert ist, anbietet und darstellt. Baptisma quidem ex institutione Domini lavacrum regenerationis quam Dominus electis suis, visibili signo per ecclesiæ ministerium (qualiter supra expositum est) exhibeat.
In diesem heiligen Bade taufen wir unsre Kinder darum, weil es unbillig wäre, daß wir diejenigen, die von uns, einem Volke Gottes, geboren sind, der Gemeinschaft des Volkes Gottes sollten berauben, die doch durch das göttliche Wort dazu bestimmt und diejenigen sind, von denen man vermuthen soll, sie seien von Gott erwählt.156156Tit. iii.; Gen. xvii.; 1 Cor. vii.; Luc. xviii. Quo quidem sancto lavacro infantes nostros idcirco tingimus, quoniam e nobis (qui populus Domini sumus) genitos populi Dei consortio rejicere nefas est tantum non divina voce huc designatos, præsertim quum de eorum electione pie est præsumendum.157157Tit. iii.; Gen. xvii.; 1 Cor. vii.; Luc. xviii.
225
XXII. [XXIII.] Vom Nachtmahl des Herrn, oder von der Danksagung. XXIII. Eucharistia.
Vom heiligen Nachtmahl halten wir also, daß der Herr in demselben seinen Leib und sein Blut, das ist, sich selbst den Seinen wahrlich anbietet, und zu solcher Frucht zu genießen giebt, daß er je mehr und mehr in ihnen, und sie in ihm leben. Nicht, daß der Leib und das Blut des Herrn mit Brot und Wein natürlich vereinbart oder räumlich darein verschlossen werde, oder daß eine leibliche, fleischliche Gegenwärtigkeit hier gesetzt werde, sondern daß Brot und Wein nach der Einsetzung des Herrn hochbedeutende, heilige, wahre Zeichen seien, durch die von dem Herrn selbst, vermittelst des des Dienstes der Kirche, die wahre Gemeinschaft des Leibes und Blutes Christi den Gläubigen gereicht und angeboten werde, nicht zur vergänglichen Speise des Bauches, sondern zur Speise und Nahrung des geistlichen und ewigen Lebens.158158Matt. xxvi.; Joh. vi. 14; 1 Cor. x. Cœnam vero mysticam, in qua Dominus corpus et sanguinem suum, id est, seipsum suis vere ad hoc offerat, ut magis magisque in illis vivat, et illi in ipso. Non quod pani et vino corpus et sanguis Domini vel naturaliter uniantur: vel hic localiter includantur, vel ulla huc carnali præsentia statuantur. Sed quod panis et vinum ex institutione Domini symbola sint, quibus ab ipso Domino per ecclesiæ ministerium vera corporis et sanguinis ejus communicatio, non in periturum ventris cibum, sed in æternæ vitæ alimoniam exhibeatur.159159Matt. xxvi.; Joh. vi. 14; 1 Cor. x.
Dieser hohen und heiligen Speise gebrauchen wir oft, daß wir, dadurch erinnert, den Tod und das Blut des gekreuzigten Christus mit den Augen des Glaubens erblicken, und unser Heil mit einem Vorgeschmack des himmlichen Wesens und mit einer wahren Empfindung des ewigen Lebens betrachten. Hoc sacro cibo idcirco utimur sæpe, quoniam hujus monitu in crucifixi mortem sanguinemque, fidei oculis intuentes, ac salutem nostrum, non sine cœlestis vitæ gustu, et vero vitæ æternæ sensu, meditantes, hoc spirituali, vivifico intimoque pabulo, ineffabili
226
Mit dieser geistlichen, lebendig machenden, inneren Speise werden wir mit unausprechlicher Süßigkeit ergötzt und erquickt, und mit hoher Freude erfüllt, daß wir in dem Tode Christi unser Leben finden. Deßhalb wir ganz und gar vor Freude in unserm Herzen frohlocken, und mit allen unsern Kräften desto mehr für eine so theure und hohe Wohlthat, die er uns bewiesen hat, uns in Danksagung ergießen. cum, suavitate reficimur, ac inenarrabili verbis lætitia, propter inventam vitam, exultamus, totique ac viribus omnino omnibus nostris, in gratiarum actionem pro tam mirando Christi erga nos beneficio, effundimur.
Deßhalb beschuldigt man uns sehr unbillig, daß wir auf die hohen Wahrzeichen wenig Werth legen; denn diese heiligen Zeichen und Sacramente sind heilige und ehrwürdige Dinge, da sie von Christo, dem hohen Priester, eingesetzt und gebraucht sind. So reichen sie in der Art, wie oben davon geredet ist, die geistlichen Dinge, die sie bedeuten, dar und bieten sie an. Sie geben von den geschehenen Dingen Zeugniß. Sie geben uns ein Bild und eine Erinnerung so hoher, heiliger Dinge, und mit einer besondern Aehnlichkeit der Dinge, die sie bedeuten, bringen sie ein großes und herrliches Licht in die heiligen, göttlichen Angelegenheiten. Ueberdieß geben sie etwas Hülfe und Unterstützung dem Glauben, und sind gleichsam ein Eid, mit dem sich die Gläubigen ihrem Haupte und der Kirche verpflichten und verbinden. So hoch und theuer halten wir die heiligen, hochbedeutenden Wahrzeichen; jedoch schreiben wir die lebendig Itaque immerito fit nostro maximo, quod quidam parum nos tribuere sacris symbolis putant. Sunt enim hæc res sanctæ verandæque, utpote, a summo sacerdote Christo institutæ et susceptæ, suo quo diximus modo res significatas exhibentes, testimonium rei gestæ præbentes, res tam arduas repræsentantes, et mirabili quadam rerum significatarum analogia clarissimam mysteriis istis lucem afferentes. Ad hæc auxilium opemque ipsi suppeditant fidei, ac jurisjurandi denique vice initiatum capiti Christi et ecclesiæ adstringunt. Tam sancte de sacris symbolis sentimus. At vero vivificantis et sanctificantis vim et virtutem tribuimus ei perpetuo, qui vita
227
machende und heiligende Kraft in alle Wege allein dem zu, der allein das Leben ist; dem sei Lob in Ewigkeit. Amen. est, cui sit laus in sæcula sæculorum. Amen.
XXIII. [XXIV.] Von der heiligen Versammlung und der Zusammenkunft der Gläubigen. XXIV. Cœtus Sacri.
Wir halten dafür, daß die heiligen Versammlungen und Zusammenkünfte der Gläubigen so sollen begangen werden, daß man vor allen Dingen dem Volke das Wort Gottes an einem gemeinen und dazu bestimmten Orte vortrage, daß die Geheimnisse der Schrift durch geschickte Diener täglich ausgelegt und erklärt werden, daß man das Nachtmahl des Herrn und heilige Danksagung halte, damit der Gläubigen Glaube für und für geübt werde, daß man mit ernstlichem Gebet für alles Anliegen aller Menschen erstlich anhalte. Cœtus autem sacros sic peragendos esse censemus, ut ante omnia verbum Dei in publicum plebi quottidie propronatur, Scripturæ abdita per idoneos ministros quottidie eruantur edisseranturque: sacra Eucharistia celebranda piorum subinde fides exerceatur, precationi pro omnibus omnium necessitatibus assidue instetur.
Andere Ceremonien, die unzählbar sind, als Kelche, Meßgewänder, Chorröcke, Kutten, Platten, Fahnen, Kerzen und Altäre, Gold und Silber, wie fern sie die wahre Religion und den rechten Gottesdienst zu stören und umzukehren dienen, und besonders die Götzen und Bildner, die zur Verehrung und zum Aergerniß gebraucht werden, und was solcher ungöttlichen Dinge mehr sind, die wollen wir aus unsrer heiligen Gemeinde weit hinweggetrieben haben.160160Act. ii.; 1 Tim. ii.; 1 Cor. xiv.; Ex. xx.; 1 Joh. v.; 1 Pet. iv.; Es. xl. Ceteras vero cerimoniarum ambages inutiles et innumerabiles, vasa, vela, vestes, faces, aras, aurum, argentum, quatenus pervertendæ religioni serviunt, idola præsertim et imagines, quae ad cultum et scandalum, prostant et id genus omnia prophana, a sacro nostro cœtu procul arcemus.161161Act. ii.; 1 Tim. ii.; 1 Cor. xiv.; Ex. xx.; 1 Joh. v.; 1 Pet. iv.; Es. xl.
228
XXIV. [XXV.] Von den Dingen, die weder geboten, noch verboten, sondern Mitteldinge und frei sind. XXV. [XXVI.] De Mediis.162162In the Latin text of the Corpus et Syntagma and of Niemeyer the order of this and the following section is reversed.
Alle Dinge, die man Mitteldinge nennt, wie sie es denn (eigentlich zu reden) sind, kann ein frommer, gläubiger Christ zu allen Zeiten und an allen Orten frei gebrauchen, doch daß er es thue nach rechter Einsicht und mit Liebe; denn der Gläubige soll aller Dinge also gebrauchen, daß die Ehre Gottes befördert, und die Kirche und der Nächste nicht geärgert werde.163163Rom. xiv.; 1 Cor. iii., viii., x. Quæ media vocantur, et sunt proprie, iis uti vir pius quamquam libere ubique et omni tempore potest, tamen scienter, et ex charitate, nempe ad edificationem omnibus utetur solum.164164Rom. xiv.; 1 Cor. iii., viii., x.
XXV. [XXVI.] Von denen, die durch falsche Lehren die Kirche Christi trennen oder sich von ihr absondern und rotten. XXVI. [XXV.] De Hæreticis et Schismaticis.
Alle diejenigen, die sich von der heiligen Gemeinschaft und Gesellschaft der Kirche trennen und absondern, fremde, ungöttliche Lehren in die Kirche einführen, oder solcher Lehre anhangen,—Gebrechen, die zu unsrer Zeit sich am meisten bei den Wiedertäufern zeigen,—wenn sie die Warnung der Kirche und christlichen Unterricht nicht hören und befolgen, sondern hartnäckig auf ihrem Streit und Irrthum mit Verletzung und Verführung der Kirche bestehn und verharren wollen,—sollen durch Arcemus item quotquot ab ecclesiæ sancta societate discedentes, aliena dogmata vel ingerunt vel sectantur. Quo malo Catabaptistæ hodie cum primis laborant. Quos si obstinate monitioni ecclesiæ et Christianæ eruditioni non obsecundant, per magistratum coërcendos, ne contagione
229
die oberste Gewalt gestraft und unterdrückt werden, damit sie die Heerde Gottes mit ihrer falschen Lehre nicht vergiften und verletzen oder beflecken.165165Esa. v.; Act. iii.; Rom. 12 gregem Dei inficiant, judicamus.166166Esa. v.; Act. iii.; Rom. 12
XXVI. [XXVII.] Von der weltlichen Obrigkeit. XXVII. De Magistratu.
Da alle Gewalt und Obrigkeit von Gott ist, so ist ihr höchstes und vornehmstes Amt, wenn sie nicht eine Tyrannin sein will, daß sie die wahre Ehre Gottes und den rechten Gottesdienst, mit Strafe und Ausrottung aller Gotteslästerung, schirme und fördere, und möglichen Fleiß anwende, daß sie dasjenige, was der Diener der Kirche und Verkündiger des Evangeliums aus dem Worte Gottes lehrt und vorträgt, fördere und vollstrecke. Damit aber solche Religion, wahrer Gottesdienst und Ehrbarkeit aufgehe und wachse, wird die Obrigkeit vornehmlich allen Fleiß dahin wenden, daß das lautre Wort Gottes der Gemeine treulich vorgetragen, und Niemand daran verhindert werde, daß die Schulen wohl eingerichtet, die gemeine Bürgerschaft wohl gelehret, fleißig unterrichtet und gestraft werde, daß man fleißig Sorge trage für die Diener der Kirche und die Armen in der Kirche, daß dieselben nach der Billigkeit und ziemlicher Rothdurft versehen werden; denn dazu sollen die Güter der Kirche dienen. Magistratus omnis a Deo quum sit, officium ejus (nisi tyrannidem exercere mavult), præcipuum est, religionem omni blasphemia reprimenda defendere et procurare, ac qualiter ex Verbo Domini propheta docet, pro virili exequi. Qua quidem in parte præcipue illi advigilandum, ut purum Verbum Dei pure et synceriter ac vere populo predicetur, nec ulli hominum veritas evangelica præcludatur. Mox curabit ut inventus et pubes tota civium recta et sedula institutione ac disciplina formetur, ut justa sit ministrorum ecclesiæ provisio, pauperumque solicita cura. Huc enim ecclesiasticæ facilitates spectant.
230
Weiter soll die Obrigkeit das Volk nach billigen, göttlichen Gesetzen regieren, Gericht und Recht halten und handhaben, den allgemeinen Frieden und Wohlstand erhalten, den allgemeinen Nutzen schützen und schirmen, und die Uebertreter nach Beschaffenheit ihrer Missethat an Gut, Leib und Leben, wie billig strafen. Und wenn sie das thut, dienet sie Gott, ihrem Herrn, wie sie schuldig und verpflichtet ist. Deinde secundum leges æquas judicare populum: tueri pacem, publicam: rempublicam fovere, sontes pro delicti ratione mulctare, opibus, corpore, vita. Quæ quum facit debitum Deo cultum præstat.
Solcher Obergewalt sollen wir Alle, obwohl wir in Christo frei sind, mit Leib, Hab und Gut gehorsam und gewärtig sein, und mit Liebe von Herzen und aus Glauben uns ihr unterthänig beweisen, Treue und Eid thun und leisten, wenn ihr Geheiß und Gebot nicht offenbar wider den ist, um deß willen wir ihr Ehre anthun und gehorsam sind.167167Rom. xiii.; 1 Cor. ix.; 1 Tim. v.; 1 Cor. xvi.; Matt. xxii.; Act. iv. Huïc nos (etiam si in Christo liberi sumus) et corpore et facultatibus omnibus nostris, et animi studio [vera] cum fide, sancte subjiciendos esse (quantisper hujus imperia cum eo, propter quem hunc veneramur, palam non pugnant), scimus.168168Rom. xiii.; 1 Cor. ix.; 1 Tim. v.; 1 Cor. xvi.; Matt. xxii.; Act. iv.
XXVII. [XXVIII.] Von der heligen Ehe. XXVIII. De Sancto Conjugio.
Wir halten dafür, daß der eheliche Stand allen Menchen, die dazu tauglich und geschickt und von Gott sonst nicht berufen sind, außerhalb der Ehe keusch zu leben, von Gott eingesetzt und verordnet sei, daß kein Orden oder Stand so heilig und ehrbar sei, daß ihm der eheliche Stand zuwider wäre und verboten werden sollte. Und wie nun solche Ehe vor der Kirche mit einer herrlichen Conjugium hominibus omnibus aptis et alio non vocatis divinitus institutum, nullius ordinis sanctimoniæ repugnare censemus. Quod ut ecclesia hortatione solenni precationeque inaugurat et sancit, ita magistratus interest, ut digne et ineatur et colatur
231
öffentlichen Ermahnung und einem Gelübde bestätigt wird, also soll auch die Obrigkeit Acht haben und dafür sorgen, daß die Ehe rechtlich und ordentlich eingegangen und recht und ehrbar gehalten, auch nicht leicht, ohne wichtige und rechtmäßige Ursachen, getrennt und geschieden werde. nec nisi justis ex causis solvatur.
Deßhalb können wir die Klöster und die unsaubere und unordentliche Keuschheit aller vermeinter Geistlichen und derselben faules und unnützes Leben, das etliche Leute aus unbegründetem Eifer eingesetzt und angeordnet haben, nicht loben, sondern verwerfen es als ein scheußliches und gräuliches Ding, von Menschen wider Gottes Ordnung erdichtet und erfunden.169169Matt. xix.; Heb. xiii.; 1 Cor. vii.; 1 Tim. iii.; Matt. v.; 1 Tim. iv.; 2 Thess. iii. Proinde cælibatum istum monasticum et eorum (quos spirituales vocant) impuram castitatem, et totum hoc ignavum vita genus, superstitiosorum hominum abominabile commentum, procul rejicimus, æque et ecclesiæ et reipublicæ repugnans.170170Matt. xix.; Heb. xiii.; 1 Cor. vii.; 1 Tim. iii.; Matt. v.; 1 Tim. iv.; 2 Thess. iii.

 

Ist durch oben gemeldeter Städte Boten bestätigt und einhellig angenommen.

Basel, 1536, am 26. März.


« Prev The First Helvetic or Second Basle Confession,… Next »
VIEWNAME is workSection