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EINS IST NOTH.

Eins ist Noth:

Maria hat das gute Theil erwählet.

Johann Heinrich Schröder. 1696.

Eins ist Noth: ach Herr, dies Eine

Lehre mich erkennen doch;

Alles andre, wies auch scheine,

Ist ja nur ein schweres Joch;

Darunter das Herze sich naget und plaget,

Und dennoch kein wahres Vergnügen erjaget:

Erlang ich dies Eine, das alles ersetzt,

So werd ich mit Einem in allem ergötzt.

Seele, willst du dieses finden,

Suchs bei keiner Creatur;

Lass was irdisch ist dahinten,

Schwing dich über die Natur;

Wo Gott und die Menschheit in Einem vereinet,

Wo alle vollkommene Fülle erscheinet,

Da, da ist das beste, nothwendigste Theil,

Mein Ein und mein Alles, mein seligstes Heil.

Wie Maria war beflissen

Auf des Ewigen Geniess,

Da sie sich zu Jesu Füssen

Voller Andacht niederliess.

Ihr Herze entbrannte, dies einzig zu hören,

Was Jesus, ihr Heiland, sie wollte belehren;

Ihr Alles war gänzlich in Jesum versenkt,

Und wurde ihr Alles in Einem geschenkt.

Also ist auch mein Verlangen,

Liebster Jesu, nur nach dir;

Lass mich treulich an dir hangen,

Schenke dich zu eigen mir:

Ob viel auch umkehrten zum grössesten Haufen,

So will ich dir dennoch in Liebe nachlaufen:

Denn dein Wort, o Jesu, ist Leben und Geist,

Was ist wohl, dass man nicht in Jesu geneusst!

Aller Weisheit höchste Fülle

In dir ja verborgen liegt:

Gieb nur, dass sich auch mein Wille

Fein in solche Schranken fügt,

Worinnen die Demuth und Einfalt regieret,

Und mich zu der Weisheit, die himmlisch ist, führet:

Ach, wenn ich nur Jesum recht kenne und weiss,

So hab ich der Weisheit vollkommenen Preis.

Nichts kann ich vor Gott ja bringen,

Als nur dich, mein höchstes Gut:

Jesu, es muss mir gelingen

Durch dein rosenfarbnes Blut:

Die höchste Gerechtigkeit ist mir erworben,

Da du bist am Stamme des Kreuzes gestorben;

Die Kleider des Heils ich da habe erlangt,

Worinnen mein Glaube in Ewigkeit prangt.

Nun so gieb, dass meine Seele

Auch nach deinem Bild erwacht;

Du bist ja, den ich erwähle,

Mir zur Heiligung gemacht:

Was dienet zum göttlichen Wandel und Leben,

Ist in dir, mein Heiland, mir alles gegeben:

Entreisse mich aller vergänglichen Lust,

Dein Leben sei, Jesu, mir einzig bewusst.

Ja, was soll ich mehr verlangen?

Mich beschwemmt der Gnaden Fluth:

Du bist einmal eingegangen

In das Heilge durch dein Blut:

Da hast du die ewge Erlösung erfunden,

Dass ich nun der höllischen Herrschaft entbunden:

Dein Eingang die völlige Freiheit mir bringt,

Im kindlichen Geiste das Abba! nun klingt.

Volles Gnügen, Fried und Freude

Jetzo meine Seel ergötzt,

Weil auf eine frische Weide

Mein Hirt Jesus mich gesetzt:

Nichts Süsses kann also mein Herze erlaben,

Als wenn ich nur, Jesu, dich immer soll haben;

Nichts, nichts ist, das also mich innig erquickt,

Als wenn ich dich, Jesu, im Glauben erblickt.

Drum auch, Jesu, du alleine

Sollst mein Ein und Alles sein;

Prüf, erfahre, wie ichs meine,

Tilge allen Heuchelschein:

Sieh, ob ich auf bösem, betrüglichen Stege,

Und leite mich, Höchster, auf ewigem Wege:

Gieb, dass ich hier alles nur achte für Koth,

Und Jesum gewinne: dies Eine ist Noth.

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