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3) Gewissheit ist mit menschlicher Freiheit völlig vereinbar

Aus dem bisher gesagten folgt nicht, dass der Mensch nicht auch hätte anders handeln können. Er hätte anders handeln können, wenn er sich anders entschieden hätte. Oft kann der Mensch so handeln, wie er gewiss nicht handeln wird; genauso kann er Abstand nehmen von einer sonst vorhersagbar sicheren Handlungsweise. Das heißt nichts anderes, als dass kein äußerer Zwang auf ihn ausgeübt wird. Unsere Handlungen harmonieren mit dem göttlichen Beschluss nicht auf die Weise, dass wir nicht auch anders handeln könnten, ja dies manchmal sogar sollten! Die Vorsehung »erlaubte« Judas und seinen Komplizen, nach ihren Absichten zu handeln — und sie handelten gemäß ihrer bösen Neigung. So konnte sie Petrus des Verbrechens schuldig sprechen bei gleichzeitiger Erklärung, dass sie nach dem vorherbestimmten Rat und Wissen Gottes gehandelt hatten: »Den habt ihr nach Gottes festgesetztem Ratschluss und Vorherwissen ausgeliefert und durch die Hände der Gesetzlosen ans Kreuz geschlagen und getötet« (Apg 2,23).

Es kann noch auf andere Art und Weise gezeigt werden, inwiefern die Vorherbestimmung mit der Freiheit menschlichen Handelns übereinstimmt. Wir wissen genau, wie wir unter gegebenen Umständen handeln werden, wenn wir die Freiheit dazu haben werden. Eine Mutter weiß ganz gewiss: Wenn ihr Kind in Bedrängnis kommt, so wird sie ihm zur Hilfe eilen, und zwar ganz und gar aus freiem Willen! Gott ist ›frei‹, doch wird er ganz gewiss immer gerecht handeln. Auch die heiligen Engel und die Erlösten im Himmel handeln völlig frei176176     Die Redensart „aus freiem Antrieb handeln“ verrät schon viel darüber, dass auch der freie Wille seine Beweggründe hat. Die Neigungen des Menschen sind die Determinanten seines Handelns (A. d. Ü.). ,  Obgleich eines gewiss ist: sündigen werden sie nimmermehr, da für sie sonst keines Bleibens mehr im Himmel wäre. Genauso sicher ist, dass der Teufel und seine Engel genauso wie die Verlorenen sündigen werden, und zwar ganz aus freiem Willen. Ein Vater mag wissen, wie sich sein Sohn unter gegebenen Umständen verhalten wird. Er nimmt gezielt Einfluss auf diese Umstände und »determiniert« damit gewissermaßen das Handeln seines Sohnes; der Sohn wird dennoch ganz aus freien Stücken handeln. Wenn er seinen Sohn dazu bringen will, Medizin zu studieren, dann wird er ihn schon früh dazu ermutigen; er wird ihm entsprechende Bücher empfehlen und ihn davon zu überzeugen suchen, solche Literatur zu lesen; er wird ihn auf die entsprechende Schule schicken und so die Umstände arrangieren, um zu seinem Ziel zu gelangen. In derselben Weise, nur freilich von keinerlei Umstand beschränkt, steuert auch Gott unsere Handlungen, und doch bleiben wir ganz und gar frei. Sein Beschluss bringt die menschlichen Handlungen nicht hervor, sondern stellt nur sicher, dass sie sich so ereignen; derselbe Beschluss, der die Gewissheit des menschlichen Handelns sicherstellt, sichert auch die Freiheit menschlichen Handelns.


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