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4) Äußerliches Bekenntnis allein ist keine Garantie für echtes Christentum

Wir haben kein großes Problem, diejenigen Fälle abzuwimmeln, in denen wahre Gläubige ganz offensichtlich und endgültig abgefallen sind. Beides, sowohl die Bibel als auch die Erfahrung, zeigen uns, dass wir uns in unseren Mitmenschen sehr oft täuschen, ja, dass es uns manchmal faktisch unmöglich erscheinen muss, festzustellen, ob jemand ein echter Christ ist oder nicht. Das Unkraut war niemals zuerst Weizen, und der ungenießbare Fisch war niemals zuerst genießbar, ungeachtet der Tatsache, ob deren wahre Natur auf Anhieb erkannt werden könnte. Satan kann sich das Aussehen eines Engel des Lichts geben (2 Kor 11,14), und es sollte uns infolgedessen nicht verwundern, wenn auch seine Diener sich als solche geben und als Gerechte auftreten, den verführerischsten Anschein von Heiligkeit an den Tag legen, ja, sich demütig, pietätsvoll und voll Eifer präsentieren. Man kann nicht von Äußerlichkeiten auf das Heil eines Menschen schließen. Jemand könnte blenden wie die Pharisäer einst — und trotzdem viele betrügen. Jesus hat seine Jünger gewarnt: »Es werden falsche Messiasse und falsche Propheten auftreten und große Zeichen und Wunder wirken, um — wenn möglich — selbst die Auserwählten irrezuführen« (Mt 24,24). Er zitierte den Propheten Jesaja: »Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz jedoch ist fern von mir. Umsonst verehrt es mich; denn Menschensatzungen stellt es als Lehre hin« (Mk 7,6f). Paulus warnte vor diesen falschen Leuten: »Denn diese Leute sind Lügenapostel, hinterlistige Arbeiter, die sich als Apostel Christi ausgeben« (2 Kor 11,13). Den Römern schrieb er: »Nicht alle, die von Israel abstammen, sind Israeliten. Und nicht alle sind schon deshalb Kinder Abrahams, weil sie seine Nachkommen sind. Es heißt vielmehr: Nach Isaak sollen deine Nachkommen benannt werden« (Röm 9,6f).

Johannes erwähnt »jene, die sich Apostel nennen, aber es nicht sind« (Offb. 2,2), und ein wenig später fügt er hinzu: »Ich kenne deine Werke: du hast den Namen, dass du lebst, und bist tot« (Offb. 3,1).

Doch Obgleich diese falschen Propheten die Menschen betrügen, ist dies Gott wohl bekannt: »Ich weiß, dass du von denen geschmäht wirst, die sich Juden nennen, es aber nicht sind, sondern die Synagoge Satans« (Offb. 2,9). Heutzutage nennen sich viele »Christen«, die vom Christentum keine Ahnung haben; sie haben weder Erfahrung darin noch einen solchen Charakter. Heutzutage ist vielenorts der Unterschied von Kirche und Welt ausgelöscht. Wir werden wie Samuel oft vom äußeren Anschein getäuscht und sagen: »Gewiss, das ist ein vom Herrn Gesalbter« (1 Sam 16,6); könnten wir jedoch erkennen, von welchen Motiven jener Mensch geleitet ist, dem wir dieses Urteil ansinnen, so würden wir unsere Auffassung schnell korrigieren.

Wir werden trotz bester Vorkehrungen in unserem Urteil oft fehlgreifen. Johannes hat die Auflösung dieses Problems geschildert: »Von uns sind sie ausgegangen, aber sie waren nicht von uns; denn wären sie von uns, wären sie bei uns geblieben. Dies aber ist geschehen, damit offenbar werde, dass sie alle nicht von uns sind« (1. Joh 2,19).

Alle, die endgültig abfallen, gehören letztlich in diese Kategorie. Manche Menschen bekennen sich groß zu Jesus, obgleich sie nichts von der Sicherheit und der Wahrheit Christi wissen. Diese Personen können viele ehrliche Nachfolger weit übertreffen, was ihr Kopfwissen anlangt, und eine Zeitlang können sie auch Erwählte verführen, doch die Herzen der Erwählten werden sie nicht bekommen. Am Tag des Gerichts werden viele, die sich äußerlich zur Kirche gezählt haben, sagen: »Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt, in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und in deinem Namen Wunder getan?« Aber Jesus wird ihnen antworten: »Ich habe euch nie gekannt: weicht von mir, ihr Übeltäter« (Mt 22f). Das kann aber nicht die Erwählten treffen, denn sie hat er sehr wohl einmal als Christen gekannt. Wenn jeder Mensch einst als das erscheint, was er wirklich ist, wenn die Geheimnisse der Herzen offenbart werden, dann werden viele, die als Christen aufgetreten sind, als solche offenbar werden, die niemals zu Gottes Volk gehört haben. Andere mögen ihren Glauben verleugnet haben — von der rettenden Gnade Gottes werden sie niemals fallen. Diejenigen, die tatsächlich abfallen, waren zu keiner Zeit gerettet. Sie sind jene, bei denen auf Felsen gesät war, die keine Wurzeln in sich selbst haben. Eine Zeitlang nehmen sie alles mit Freuden auf, doch wenn Bedrängnisse oder Verfolgung aufkommen, fallen sie ab. Man sagt, sie haben aufgegeben. Man sagt auch, sie haben am Glauben Schiffbruch erlitten, doch sie haben an einem Glauben Schiffbruch erlitten, den sie nie wirklich geteilt haben, außer eben äußerlich. Manche von ihnen mögen ausreichend Licht gehabt haben, die Lehren des Evangeliums zu verstehen, so dass sie sie sogar korrekt an andere weitergeben konnten, und dennoch sind sie alles andere als gerettet. Aus dem Abfall solcher Menschen darf man nicht auf die Verlierbarkeit des Heils schließen!

Bloße Kirchenzugehörigkeit ist freilich überhaupt keine Garantie für echtes Christentum. Nicht jedes Mitglied der kämpfenden Kirche wird auch zur triumphierenden Kirche gehören. Um gewisse Ziele zu erreichen, kann man sich etwa zum Evangelium bekennen; auch wird äußerliche Moral vonnöten sein, um den Anschein zu erwecken, dass man zum Volk Gottes gehört. Man gehört eine Zeit lang dazu und scheint echten Glauben zu haben. Doch letztlich wird einem solchen Schaf entweder sein Kleid ausgezogen oder es wirft es selbst von sich und geht zurück in die Welt. Könnten wir ihre wahren Motive erkennen, so erkennten wir auch, dass sie niemals von wahrer Liebe zu Gott in Gang gebracht worden waren. Sie waren zeitlebens Böcke, keine Schafe, räuberische Wölfe, keine Lämmer. Daher sagt Petrus auch von ihnen: »Bei ihnen trifft das wahre Sprichwort zu: ›Der Hund kehrt zu seinem Auswurf zurück‹ und: ›Ein Schwein badet und wälzt sich wieder im Schlamm .‹.« Damit zeigen sie, dass sie niemals zu den Erwählten gehört haben. Viele Unbekehrte hören mit großem Interesse die Verkündigung des Evangeliums, wie einst Herodes Johannes dem Täufer gelauscht hat. Es heißt: »Denn Herodes hatte Scheu vor Johannes; er kannte ihn als einen gerechten und heiligen Mann und ließ ihn bewachen. Wenn er ihn hörte, war er sehr beunruhigt, trotzdem hörte er ihn aber gern« (Mk 6,20). Niemand aber, der das Leben des Herodes kannte und bedenkt, dass er den Tod des Johannes befohlen hatte, wird je auch die Idee kommen, einen Christen in ihm zu sehen.

Man wird anmerken dürfen: Selbst das Licht der Erleuchtung schon, das der Heilige Geist dem Menschen schenkt, reicht aus, um auch im Leben eines Nichtchristen Veränderungen des äußerlichen, religiösen Lebens hervorzubringen. Solche Menschen legen oft ein sehr striktes Verhalten an den Tag und beobachten die religiöse Tradition mit großem Ernst. Der erweckte Sünder liest die Verheißungen des Evangeliums und die Offenbarung des Heilsplans nicht nur als Wahrheit, sondern als seiner Situation durchaus angemessen. Er hat Freude am Evangelium und glaubt einen Glauben, der in der moralischen Wahrheit der evangelischen Aussagen gründet. Solange seine Meinung nicht in andere Richtungen gelenkt wird, wird er diesen Glauben auch bewahren. Wird seine Meinung verändert, so lässt er diesen Glauben zugunsten der früheren Insensibilität der Wahrheit gegenüber wieder fallen. Genau diese Menschen hatte Christus im Blick, wenn er vom Samen sprach, der unter die Dornen und Disteln oder auf das Felsige fällt. Die Bibel selbst enthält zahllose Beispiele dieses unbeständigen Glaubens, und der Alltag kennt sie ebenso sattsam. Solche Erfahrungen gehen echter Bekehrung oft voraus oder begleiten sie, aber in vielen Fällen bleiben sie auch aus. Sie mögen zwar immer wieder einmal auftreten, doch meist gehen jene, die solche temporären Erfahrungen teilen, bald wieder in die Sorglosigkeit und Weltlichkeit zurück. Es kann einem Beobachter, ja, sogar der Person selbst manchmal scheinen, als seien diese Phänomene von echten Früchten gar nicht zu unterscheiden. »An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen«, sagt unser Herr. Nur wenn diese Erfahrungen in ein heiliges Leben münden, kann man ihren Charakter erkennen.

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