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4) Die Veränderung der Seele

Die sofortige und überaus wichtige Auswirkung auf das Innere des Menschen verändert seine Natur: Nun liebt er die Gerechtigkeit und weiß seine Errettung in den sicheren Händen Jesu Christi. Sein Element war bis jetzt die Sünde; nun ist es Heiligkeit; die Sünde erscheint ihm nun abstoßend, dagegen liebt er das Gute. Diese vollwirksame und unwiderstehbare Gnade verändert den Willen selbst und stiftet der Person einen neuen Charakter ein. Sie beseitigt des Menschen Wunsch nach der Sünde, so dass er sie nun lassen kann; nicht wie der Magenkranke die Leckerbissen verweigert, nach denen ihn sonst gelüstet, damit sein Verlangen nicht mit Schmerzen bestraft wird, sondern weil er die Sünde um ihrer selbst willen hasst. Der Bekehrte liebt nun die vollständige Unterwerfung unter den Willen Gottes und nimmt sie bereitwillig an, sie, die er vorher gehasst und vermieden hat. Gehorsam ist nicht länger Pflicht, sondern ein vorzügliches Gut.

So lange der Mensch jedoch auf Erden lebt, bleibt er Opfer der Versuchung, die sich immer wieder auf die Reste der alten Natur stürzt. Oft verfällt er ihr und sündigt, aber diese Sünden sind nur mehr der Todeskampf und die letzten Zuckungen der alten Natur, die sich krümmt und windet, bevor sie ihren letzten Atemzug tut. Der Wiedergeborene erleidet noch Schmerz, Krankheit, Entmutigung und auch den Tod, obgleich er ständig auf seine Vollendung zugeht.

An diesem Punkt bringen viele Christen die Wiedergeburt mit der Heiligung durcheinander. Die Wiedergeburt ist einzig Gottes Werk, und es ist ein Werk seiner freien Gnade, die er als neues Prinzip geistlichen Lebens der Seele einpflanzt. Sie wird durch übernatürliche Kraft erwirkt und geschieht in einem Augenblick. Auf der anderen Seite ist da die Heiligung — ein Prozess, in dem die Reste der Sünde nach und nach beseitigt werden, so dass wir, wie der kleinere Katechismus lehrt, mehr und mehr dieser Sünde sterben und der Gerechtigkeit entgegenleben. Hier wirkt der Mensch mit Gott zusammen. Es besteht im graduellen Triumph der neu eingepflanzten Natur durch Wiedergeburt über das Böse, das immer noch bleibt, auch nachdem das Herz erneuert worden ist. Mit anderen Worten: Die vollkommene Heiligung bleibt noch dem Zeitpunkt vorbehalten, an dem wir Gottes sehen werden. Es ist nichts weniger als die vollendete Gerechtigkeit, die das Ziel ist, das vor uns liegt — und jeder Christ sollte sich sein ganzes Leben lang nach diesem Ziel ausstrecken. Die Heiligung ist bis zum Tod noch nicht vollendet; erst am Ende reinigt der Heilige Geist die Seele von jeder Spur der Sünde so, dass er sie an sich heilig macht und sie jeder Möglichkeit des Sündigens überhaupt beraubt.

Streng genommen können wir sagen: Die Erlösung ist erst dann abgeschlossen, wenn der Gerettete seinen Auferstehungsleib erhalten hat. In gewissem Sinn ist ist sie freilich vollkommen errungen: am Kreuz von Golgatha. Bislang ist sie dem Wiedergeborenen erst einmal nur graduell eingepflanzt. Da der Heilige Geist den Erwählten das Verdienst Christi wirksam einpflanzt, ist ihre Erlösung vollkommen sicher und kann durch nichts verhindert werden. Daraus resultiert auch jene Sicherheit, dass der Wille Gottes in Bezug auf die Erlösung seines Volkes in keiner Weise enttäuscht werden kann oder gar durch seine Geschöpfe vereitelt werden kann.

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